Interview Katrin Lüdemann


Eine agile Führungsphilosophie im Sales

Silke: Du bist agile Sales Consultant. Ich als Schreiberin verkaufe, wenn überhaupt, nur Geschichten. Kann man damit im Sales etwas anfangen?

Katrin: Nun, Geschichten schaden sicher nicht, gerade im Vertrieb. Aber Geschichtenerzählen allein reicht nicht, um ein Produkt an den Kunden zu bringen. Man muss ihm/ihr mit wenigen Worten klar machen, warum er/sie ein bestimmtes Produkt braucht. Man muss also unmittelbar ein Bedürfnis auslösen.
Test für den Leser: Schau auf dieses Produkt unten. Wie würdest Du mit einem Satz das Bedürfnis bei Deinem Kunden wecken, es zu kaufen?

Silke: Das klingt einfacher gesagt als getan.

Katrin: Stimmt, und wenn ich das heute so klar sage, dann steckt dahinter natürlich auch ein langer Lernprozess. Am Anfang dachte ich auch, ich sei ein Naturtalent und müsste in Sachen Vertrieb gar nichts lernen, sondern einfach nur machen und erfolgreich sein. Diese anfängliche Euphorie stellt sich dann meist aber schnell ein, wenn man wirkliche Sales Gurus trifft, die einem in nur zwei Minuten klar machen, was man alles noch nicht kann. Diese Momente bringen einen dann dazu, sich wirklich weiter zu entwickeln.

Silke: Wie war Deine Entwicklung zur Vertriebs-Expertin?

Katrin: Rückblickend würde ich sagen, das fing bei mir in der Kindheit an, im Familienbetrieb. Ich bin in der DDR aufgewachsen und meine Eltern hatten ein kleines Geschäft. In Westdeutschland könnte man Tante-Emma-Laden oder Krämer dazu sagen. Der Laden hatte alles, was man für den täglichen Bedarf so braucht. Vor allem aber waren wir auch ein wichtiger Treffpunkt für die Menschen. Meine Eltern waren begnadete Kaufleute, insbesondere meine Mutter. So habe ich hinter dem Tresen gelernt, wie man die Bedürfnisse von Kunden erspürt und mit Leidenschaft für die Produkte verkauft.

Silke: Hast Du damals schon die Entscheidung getroffen, selbst mal Unternehmerin zu werden?

Katrin: Nein, ganz und gar nicht. Zunächst einmal war ich eine furchtbar ehrgeizige und zielstrebige Schülerin. Das war auch vom Elternhaus geprägt. Ich habe früh mitbekommen, dass man hart arbeiten und etwas leisten muss, um voran zu kommen. Die Leute fragen sich vielleicht heute, wozu das in einem sozialistischen Staat nötig gewesen sein soll, wo man doch eh nicht mehr verdienen konnte als die anderen oder sich durch Luxusgüter abheben. Aber wir hatten eben andere Werte, die uns geprägt und menschlich zusammen gehalten haben. Jedenfalls gehörte auch dazu, dass ich mich immer angestrengt habe. Das war auch im Studium der BWL so mit Schwerpunkt Marketing. In dem Bereich hatte ich auch meinen ersten Nebenjob. Und ohne jetzt jeden einzelnen Schritt beschreiben zu wollen bin ich so auch durch ein erstes kleines Projekt in den Vertrieb hinein gerutscht. Da ging es darum, für die Weihnachtsbeleuchtung am Ku'damm Geld von den Anrainern einzusammeln. Das hab ich erfolgreich und voller Freude gemacht. So war ich drin im Vertrieb.

Silke: Was hat Dich daran fasziniert?

Katrin: Zunächst war es die Freude an der Arbeit und den Ergebnissen an sich. Es fiel mir nicht schwer, den Ku'damm rauf und runter zu laufen und den Ladenbesitzern zu erklären, warum sie für ein kleines Bäumchen vor ihrem Laden 100 EUR bezahlen sollten, um sich damit an der Weihnachtsbeleuchtung zu beteiligen. Es hat einfach nur Spaß gemacht. Und noch wichtiger war fast, dass man den unmittelbaren Erfolg gespürt hat. Es ging nicht darum, irgendwelche abstrakten Konzepte auszuarbeiten oder auf die Gunst des Chefs zu hoffen. Nein, wenn der Kunde „ja“ sagt, ist der Erfolg da – fertig. Das ist so unmittelbar eine Bestätigung dafür, dass man etwas richtig macht, wie ich es in kaum einem anderen Bereich im Business sehe.

Silke: Wie erklärst Du es Dir dann, dass Vertrieb und „Verkäufer“ sein bei vielen immer noch so einen Hauch von schmierigen Vertretern hat?

Katrin: Du hast recht, ich begegne diesem Stereotyp auch noch sehr häufig. Nicht nur, wenn es um die Berufswahl geht. Auch beim Selbstbild. Viele Mitarbeiter im Vertrieb, so meine Wahrnehmung, treten nicht selbstbewusst auf, weil sie sich selbst irgendwie mit diesem negativen Verkäuferbild identifizieren und auch kaum Wertschätzung erfahren. Das ist sehr schade und letztlich für keine der Seiten gewinnbringend oder gar erfüllend.

Silke: Wie hilft Deine Arbeit, das zu ändern?

Katrin: Ich denke, es findet gerade ein wichtiger Generationswechsel in dieser Hinsicht statt. Wenn ich mit Vertriebsteams arbeite und sie in agiler Methodik coache, dann spüre ich auch deutlich, dass sich die Werte der jüngeren Mitarbeiter- aber auch Gründergeneration von heute um die 30-Jährigen gewandelt hat. Ihnen sind andere Dinge als Geld und Status wichtig, um es mal so zu formulieren. Es geht mehr um Sinn und Lebensqualität und letztlich darum, dass man Mensch bei der Arbeit sein darf und auch soll.

Silke: Wie konkret ermutigst Du Mitarbeiter zum „Menschsein“ bei der Arbeit?

Katrin: Da geht es nicht ums Reden, da geht es ums Machen und die Methoden, die ich mitbringe. Beispielsweise gibt es immer am Morgen und am Abend einen Checkin und Checkout. Das muss man sich nicht so vorstellen, dass wir alle im Kreis sitzen und ich dann frage, „und, Klaus, wie fühlst Du Dich?“ (lacht). Es gibt stattdessen einfache Methoden, wie man ganz schnell ein paar Worte zur Stimmungslage loswerden kann und somit alle im Team wissen, wo man selbst gerade steht, ohne, dass es in Gefühlsduselei oder Gejammer ausartet. Es ist mir aber wichtig zu vermitteln, dass diese Reflexion eine Weiterentwicklung anstößt, die sich nicht nur in höheren Verkaufszahlen niederschlägt, sondern auch zum persönlichen Vorankommen beitragen. Die Fünf Finger Methode powered by SingularitySales

Silke: Würdest Du sagen, dass dies der größte Beitrag ist, den Du als Partnerin bei SingularitySales einbringst?

Katrin: Fest steht, dass wir alle im Team von SingularitySales sehr viel Erfahrung und Persönlichkeit mitbringen. Ich kann nur von mir sprechen, aber es ist einfach so, dass ich heute nicht mehr an Aufgaben heran gehe, wie ich es mit 30 gemacht habe. Ich bin Mutter von zwei Töchtern und habe parallel meine Karriere kontinuierlich vorangetrieben. Mit jeder neuen Aufgabe und jeder Führungsposition wächst man. Dabei lernt man auch zunehmend, was einem selbst wichtig ist. Früher ging es mir darum, selbst erfolgreich Vertrieb zu machen. Heute geht es mir darum, die beschriebene Führungsphilosophie durch meine Arbeit nachhaltig in Unternehmen zu verankern. Das ist ein anderer Anspruch und ein anderes Verständnis von Sinnhaftigkeit. Ich denke, das verbindet alle von uns im Team. Wir haben alle lange Sales Erfahrung, aber vor allem haben wir im Laufe unserer Karrieren auch viele Unternehmen und Branchen kennen gelernt und können die größeren Zusammenhänge rund um digitale Unternehmen besser verstehen.

Silke: Welche Aufgabe würdest Du einem Deiner Kollegen bei SingularitySales geben, um fest zu stellen, ob es das richtige Unternehmen für Dich ist?

Katrin: Ich würde Boerge bitten, belegtes Avocado-Brot mit roter Beete zu verkaufen.

Silke: Wie kommt man denn da drauf?

Katrin: Vertriebsgeheimnis – das musst Du Boerge fragen!

Silke: Alles klar, mache ich. Dann erst mal viel Freude mit Euren anstehenden Projekten!

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